immer jünger alt
Miteinander

Wir werden immer jünger alt

Christian Bos vom Kölner Stadt­an­zeiger kann sich Robbie Williams „auch im fortge­schrit­tenen Alter von 46 Jahren“ nicht als Vater vorstellen? Aha, dann ist es ja kein Wunder, dass 29-jährige vor dem 30. Geburtstag in tiefste Depres­sionen verfallen.

Heute haben wir im Schnitt 80, 90 Jahre vor uns, wenn wir nicht vorher der Verzweiflung anheim fallen. Uns tot saufen, beim langsamen verblöden vor der Glotze, die uns mit roman­tisch, senti­men­taler Sülze zukle­istert. Oder einfach aufgeben, weil wir täglich an Grenzen stoßen, die uns in Grenzen zwingen und verkümmern lassen, an den Bildern, die man heute vom Alter hat. 

Mit dem Alter werden werden wir unsichtbar, wenn man nicht zu den Ikonen, den Stars der Gesell­schaft gehört. Die massiv gestiegene Lebens­er­wartung und die globale Wirtschafts­krise zwingt zum Umdenken auf allen gesell­schaft­lichen Feldern und Solida­rität unter den Genera­tionen macht Sinn. Wertschätzung, Respekt, Anerkennung darf und sollte nicht an Alter gebunden sein. Das Wort „Senioren“ ist nur die freund­liche Bezeichnung für Menschen ab 45? 50? Oder 60? Oder wann? Verbunden mit überholten Bildern hilft es nicht weiter, weg von vorge­fer­tigten Urteilen, die mit den heute Alten nichts zu tun haben. Die Alten waren, was die Jungen heute sind. Die Jungen werden, was die Alten heute sind. Ein guter Grund für die heute Jungen, Älteren ohne Vorur­teile zu begegnen.

Mit dem Alter werden wir unsichtbar, wenn man nicht zu den Ikonen, den Stars der Gesell­schaft gehört.

Und Grund genug für die Alten, die Jungen nicht „abzubürsten“ mit dem Argument: „Grün hinter den Ohren“. Souverän, Tolerant, Autark, Autonom sein, sind erwünschte und erhoffte Ziele in jedem Alter, das kann auch ruhig eigen­willig sein. Wenn man nicht in klein­ge­mus­terter Kittel­schürze daher kommt, muss man den Pass dabei haben, um den annon­cierten “Senioren-Rabatt” weiß der Geier wo, zu bekommen. Auch wenn man nicht Tina Turner (79) oder Nina Hagen (64) ist, ein Wutanfall ist angemessen, wenn dem Gegenüber der Zweifel in den Augen steht: „Nee, die ist doch nicht Seniorin“ und wenn man nicht mehr koket­tieren muss.

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In vielen Kulturen wird respektvoll mit alten Menschen umgegangen
Herkunft, Identität, verwurzelt sein, woher komme ich, wohin gehe ich, sind grund­le­gende Fragen. In Asien und Afrika, in vielen Kulturen wird respektvoll mit alten Menschen umgegangen. Einge­bunden sein in Tradi­tionen und Rituale gibt auf jeden Fall Richtungen vor und somit Halt, in der Familie, in der Gemein­schaft. Hier hat sich das weitgehend erledigt. Meist nur am Toten­sonntag oder Ostern glühen die Friedhöfe im Schein der Kerzen für die Toten. Vielleicht sollte man damit einfach mal früher anfangen, damit Omi und Opi noch was davon haben, bevor sie umgezogen sind in Parzelle 28, Friedhof Ohlsdorf.

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