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Die digitale Kluft

Die Mehrheit der Senioren profi­tiert nicht von den Chancen der Infor­ma­ti­ons­ge­sell­schaft. Denn nur rund 40 Prozent der Menschen über 65 Jahren nutzen es. Je höher das Alter, desto geringer ist das Interesse.

Der Zugang zum Internet und die Art der Nutzung hängen stark von Bildung und Einkommen ab. Aber auch zwischen den Genera­tionen existiert eine digitale Kluft. 

Hans Rudolf Schelling und Alexander Seifert vom Zentrum für Geron­to­logie haben in einer schweiz­weiten Studie unter­sucht, wie ältere Menschen die Internet-Angebote nutzen, welche Bedürf­nisse und Befürch­tungen sie haben und was viele Ältere abhält, online zu gehen. Die Autoren haben insgesamt Daten bei 1105 Personen ab 65 Jahren in allen Sprach­re­gionen der Schweiz erhoben.

Wie die Studie zeigt, sind rund 40 Prozent der über 65jährigen so genannte Onliner, d.h. sie haben das Internet in den letzten sechs Monaten mindestens einmal genutzt. Etwa 60 Prozent sind Offliner und benutzen das Internet nicht. “Je höher das Alter, desto geringer ist die Inter­net­nutzung”, erklärt Studi­en­leiter Hans Rudolf Schelling. Bei den 65- bis 69-Jährigen benutzen 58 Prozent das Internet, bei den 70- bis 74-Jährigen ist es immer noch die Hälfte. Bei den über 85-Jährigen wagen sich dagegen nur 8 Prozent ins Internet. Ältere Menschen brauchen das Internet haupt­sächlich, um mit anderen Menschen via E‑Mails zu kommu­ni­zieren (88 Prozent). An zweiter Stelle wird es als Service-Infra­struktur genutzt, mit der Fahrpläne abgerufen, Reisen geplant und Infor­ma­tionen über Ämter, Behörden sowie zu Gesund­heits­themen gesucht werden.

Grosse Bedenken bezüglich Datensicherheit
Weniger als die Hälfte der Onliner liest im Internet Zeitungen oder Zeitschriften, benutzt Internet-Banking oder kauft und verkauft online Waren. Eine geringe Rolle spielt das Internet als Unter­hal­tungs­medium; Senioren spielen selten online oder downloaden kaum Musik wie die Jungen. “Ältere Personen würden das Internet stärker nutzen, wenn es alters­ge­rechter wäre”, sagt Hans Rudolf Schelling, gestützt auf die Befragungsergebnisse.

Senioren nehmen den Nutzen des Internets nur dann wahr, wenn die Angebote nahe an ihrer Lebens­rea­lität liegen oder praktische Erleich­terung bringen.

Für die Offliner scheinen die Nutzung zu kompli­ziert zu sein (71 Prozent) und der Aufwand für das Erlernen zu gross (60 Prozent). Zudem haben sowohl On- als auch Offliner grosse Bedenken bezüglich Daten­si­cherheit und Inter­net­kri­mi­na­lität (60 Prozent). “Kompli­ziertheit, Lernaufwand und Sicher­heits­be­denken sind dominante Zugangs­hin­der­nisse”, fasst Schelling zusammen. Die Kosten für Hardware und Inter­net­zugang sind nur für einen Drittel der Offliner ein Hinde­rungs­grund, wobei zwei Drittel jedoch überhaupt nicht bereit sind, fürs Internet Geld auszu­geben. Wie Schelling und Seifert heraus­ge­funden haben, ist die Inter­net­nutzung des unmit­tel­baren sozialen Umfelds entscheidend für die eigene Nutzung. Wer Lebens­partner, Geschwister und Freunde in der gleichen Generation hat, die beispiels­weise per E‑Mail kommu­ni­zieren, ist dem neuen Medium gegenüber meist positiv einge­stellt und verwendet es auch. Auch für die Aneignung der Inter­net­kennt­nisse scheint die Unter­stützung im eigenen Haushalt durch Familie, Freunde und Bekannte am besten geeignet, sowie Kurs- und Unter­stüt­zungs­an­gebote durch Jugend­liche oder Gleichaltrige.

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Etwa ein Drittel der Offliner würde das Internet gerne nutzen. Offenbar bestehen neben fehlendem oder nicht erkanntem Nutzen nach wie vor Hinder­nisse, die vielen den Einstieg erschweren. Sie trauen sich ihn nicht zu oder halten den Aufwand für nicht lohnend. Wenn möglichst vielen der Ausschluss aus der Gesell­schaft erspart und die positiven Poten­ziale des Internets erschlossen werden sollen, dann müssen indivi­duell angepasste Lösungen entwi­ckelt werden.

Beat Müller, Univer­sität Zürich

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