aufstand
Lebensart

Aus der Reihe getanzt

Dem Swing verfallen, unterwegs in übergroßen, bevorzugt karierten Sakkos, mit langen Haaren, Hut und Regen­schirm, die Mädels in engen, kurzen Kleidern, geschminkt, auf der Suche nach Jazz, nach “Neger­musik”. Ein Aufstand gegen Gleichschritt.

Nach den Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki (6. und 9. August 1945) waren “die 58er” die erste außer­par­la­men­ta­rische Wider­stand­be­wegung gegen die Statio­nierung von Atomwaffen in Deutschland. Sie waren die Vorläufer der Studen­ten­be­we­gungen der 60er Jahre und der Friedens­be­wegung der 80er, gegen den Nato Doppelbeschluss.

Und dann die 68er. Der Mythos, wieder und wieder­belebt, zu oft mit kitschigen Geschichten. Sicher, ja, das hat was bewegt, viel bewegt und einiges verändert. Die Fragen zur Naziver­gan­genheit, auch an die eigene Familie, ein Eklat. Die muffige Adenauer-Ära wurde durch­ge­pustet. Es war ein Versuch die Obrig­keits­hö­rigkeit aufzu­weichen, aber ob das bis heute trägt, Eingang gefunden hat, zu selbst­stän­digem, diffe­ren­ziertem Denken mag dahin gestellt sein. Während des Schah-Besuchs 1967 wurde Benno Ohnesorg erschossen. Andreas Baader und Gudrun Ensslin legten 1968 Brand­sätze in Frank­furter Kaufhäusern; Rudi Dutschke wurde in Berlin angeschossen. Die Reaktion auf die Radika­lität und Gewalt der Bewegung hat in den Terro­rismus geführt, die „liberale Freiheit“ war dahin.

Ein Aufstand gegen Gleich­schritt, ziviler Ungehorsam, gegen die Ideologie des dritten Reichs.

Die Polizei wurde aufge­rüstet, Gesetze geändert, das Straf­recht verschärft; es führte in die „bleierne Zeit“ mit Radika­len­erlass und Raster­fahn­dungen bis zum Deutschen Herbst. Die Unschuld war dahin. Der Weg zur „Phantasie an die Macht“ zu indivi­du­eller Freiheit, gegen die Starr­heiten bürger­licher Lebens­formen endete in Unfreiheit. Diese Zeit hat alle geprägt, ob aktiv dabei oder nicht. Die persön­liche Befreiung, das in Frage stellen verkrus­teter Werte so vieler, hat einge­fahrene Struk­turen aufge­weicht. Das Erzie­hungs­system eklatant umgestülpt, Sexua­lität verändert, Frauen­rechte artiku­liert und gefördert. Ein Rausch, laut, bunt: Flower Power, Summer of Love, Woodstock, Carlos Castaneda, Wohnge­mein­schaften, Lila Latzhosen, kiffen, Musik, Happe­nings, Siddharta, Goa und Kathmandu.

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Politisch hatte ich nicht wirklich Ahnung
Und ich? Damals wohnte ich in München, There­si­en­straße, Parterre, ich hing aus dem Fenster und reichte Zitro­nen­schnitzel raus, wenn die Wasser­werfer sich in die Barer­straße zurück gezogen hatten, als kleine Sofort­hilfe gegen Tränengas. „Enteignet Springer“, HO HO HO Chi Min, Amis raus aus VIETNAM” es war was los, Hunderte waren unterwegs, mein “Fenster­laden” hatte noch Wurscht­semmeln und Kaffee im Programm, mein Klo war öffentlich, politisch hatte ich nicht wirklich Ahnung, ich war Sympa­thi­santin. Mein „tradi­tionell vorge­zeich­neter“ Weg hat sich ganz sicher anders entwi­ckelt, als sich meine Mutter das vorstellte. Das war gut.

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