Die größte Gruppe stellen Türken, es gibt aber auch kleine ethnische Gruppen, alle mit ihren jeweils eigenen sozialen, kulturellen und religiösen Prägungen. Es gibt gut Integrierte Zuwanderer, es gibt Integrationsdefizite, und es gibt höchst unterschiedliche soziale Lebenslagen.
Eines aber ist ihnen gemeinsam: Wie in der einheimischen Bevölkerung findet derzeit auch bei ihnen ein Altersstrukturwandel statt – und das sogar auf der Überholspur, denn die Zahl der Migranten im Rentenalter, also im Alter von 65 aufwärts, wird sich mehr als verdoppeln. Wie aber leben ältere Menschen, die ihre Kindheit und Jugendjahre anderswo verbrachten, die noch mehr oder weniger geprägt sind von ihrer Herkunftskultur, die vielleicht den Traum noch nicht begraben haben, zum Lebensabend in die alte Heimat zurückzukehren, aber nicht wissen, ob sie ihn werden realisieren können? Wie steht es um die Lebenssituation der Zuwanderer, wie um ihre Versorgungslage? Die traurige Wahrheit ist: Genaues weiß man nicht.
Während es deutsche Senioren für einen Teil des Jahres in den Süden zieht, verlegen sich Migranten im Ruhestand stattdessen aufs Pendeln zwischen alter und neuer Heimat.
Es fehlt bisher an Repräsentativen Erhebungen. Das liegt zum einen daran, dass es sich hier um den Beginn einer Entwicklung handelt, die Politik wie so häufig aber erst dann tatsächlich Handlungskonzepte zu erarbeiten bereit ist, wenn die zu Versorgenden schon unüberhörbar an die Türen klopfen. Auch das statistische Datenmaterial ist in der Frage, wer die künftigen Alten mit Migrationshintergrund sind und wie groß ihre Zahl tatsächlich sein wird, nur begrenzt aussagefähig, da es in der Regel Ausländer und Flüchtlinge getrennt berücksichtigt, Eingebürgerte und Aussiedler aber nicht. Den Wunsch und das Recht auf kulturspezifische Versorgung im Alter haben alle diese Bevölkerungsgruppen gleichermaßen – und zwar, das macht die Sachlage erst recht unübersichtlich und schwer handhabbar, ein jeder nach seiner Facon.
Unvollständige Versicherungsverläufe
Allen gemeinsam dürfte sein, dass sie materiell ausreichend versorgt sein möchten. Tatsache ist aber, dass viele ältere Migranten ein sehr geringes Einkommen haben – weil sie schlecht bezahlte Arbeit verrichteten, weil sie erst relativ spät in die Rentenversicherung einstiegen oder nur unvollständige Versicherungsverläufe vorweisen können. Vorerst sind es die “jungen Alten”, die die größere Gruppe unter den Migrantensenioren bilden. Die sind – trotz der Tatsache, dass sie oftmals körperlich anstrengende Berufe und deutliche Einschränkungen in der Qualität ihrer Lebensverhältnisse hinter sich haben – in der Regel ähnlich beweglich und unternehmungslustig wie ihre deutschen Altersgenossen. Während es deutsche Senioren aber für einen Teil des Jahres beispielsweise nach Mallorca zieht, verlegen sich Migranten im Ruhestand stattdessen aufs Pendeln zwischen alter und neuer Heimat. Besonders unter türkischen Senioren ist das Pendeln verbreitet – sie werden freiwillig zu “Transmigranten”.
Pendeln zwischen den Welten
Vor allem die Arbeitsmigranten der ersten Generation verbrachten ihre Urlaube grundsätzlich in der alten Heimat, sie besaßen oder erwarben dort etwas Land, ein Teil der Familie war dort geblieben oder ging zurück – das Pendeln zwischen den Welten ist also ohnehin ein Stück ihrer Biographie. Als Rentner nutzen sie nun die Möglichkeiten beider Orte. Aber, und auch das ist für viele untrennbar mit ihrer Biografie verbunden: An beiden Orten vermissen viele den jeweils anderen und kehren deshalb spätestens nach einigen Monaten dorthin zurück. Ältere und alte Migranten sind dabei, zu einer vorher so nicht da gewesenen Zielgruppe zu werden, deren Betreuung nach völlig neuen Wegen an der Schnittstelle von Ausländer- und Altenpolitik verlangt.
In Berlin ist hierzu, unter anderem durch Modellprogramme, Initiativen wie den “Arbeitskreis Kultursensible Pflege” und durch die Migrantenorganisationen, schon viel Vorarbeit geleistet und die interkulturelle Öffnung erprobt worden. Dennoch sieht es bis heute in der Regel so aus, dass die bestehenden Einrichtungen der Altenhilfe von älteren Migranten bisher kaum in Anspruch genommen werden. Man weiß in Migrantenkreisen vielfach wenig bis gar nichts über die gängigen Angebote und Leistungen der Altenhilfe. Hier kommt ein enormer Nachholbedarf auf alle Beteiligten zu. Fachleute versprechen sich davon aber auch einen willkommenen Schub in Richtung einer umfassenden Modernisierung der Altenhilfe, die ohnehin auch im Hinblick auf die in Zukunft stark anwachsende deutsche Seniorenzahl unumgänglich sein wird.
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